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Beten Sie?
Ich finde da im Alltag häufig nicht die Zeit dazu.
Also regelmäßig so zu beten, dass es nicht nur fromme Standartsprüche sind, sondern es wirklich tiefe Gespräche zu Gott sind.
Nicht nur: Danke für das Essen. Danke für die Sonne und den neuen Tag. Amen. Nein, echte Gespräche mit Gott.
In der Stille ankommen bei ihm. Mein Herz ausschütten.
Wirklich voll Dank, weil er mir mein Leben geschenkt hat. Weil er für mich da ist und ich ihn ansprechen darf auf alles, was mich bewegt.
Nein, wirklich so zu beten gelingt mir nicht oft. Oft sind es eben doch nur Formeln.
Formeln des Gebets, gibt es auch am Sonntag in den Gottesdiensten, wo man ja schnell und leicht in den Chor der Mitbetenden einstimmen kann.
Der heutige Sonntag heißt Rogate. Übersetzt so viel wie „Betet!“.
Eine echte Aufforderung. Ja, vielleicht weil das Beten leicht formelhaft und im Alltag vergessen werden kann.
Das Gebet ist nicht nur etwas für die Sonntage.
Genau so wenig, wie der damit verbundene Glaube an einen allmächtigen und zugleich gnädigen Gott. Das ist nicht etwas Weltfremdes und aus der Zeit Gefallenes. Gott und mein Gebet sind etwas für jeden Tag. Kein Sonntagsglaube. Kein Sonntagsgebet. Der Glaube und auch das Gebet sind gerade für den Alltag bestimmt.
Im Gebet zeigt sich das besonders.
Gerade beim Beten wird der Glaube weltoffen. Offen für das, was in der Welt los ist. Beim Beten öffnet sich die Seele nach zwei Seiten: Zum Himmel und zur Welt. Zu Gott und zum Alltag der Menschen. Beides wird gewissermaßen ins Gebet genommen.
Im heutigen Bibeltext schreibt der Apostel Paulus daher auch davon, dass das Gebet Bitte, Fürbitte und Dank ist. Nicht nur für einen selbst, sondern für alle Menschen. Ein Fenster zur Welt also. Zu allen. Beten nicht nur für die anderen aus der Gemeinde, der eigenen Kirche. Nicht bloß für die Christen. Nicht bloß für Familienangehörige und Landsleute. Alle soll unser Gebet einschließen. Nicht alle auf einmal vielleicht, denn das mag auch ohnmächtig machen, weil es mich hoffnungslos überfordern kann, aber mal die einen und mal die anderen im Blick behalten, je nachdem, was mir und was Ihnen gerade auf dem Herzen liegt.
Die Einen und die anderen, das kann mein Nachbar oder meine Freundin sein, die Frau, die mir im Bus ganz ungefragt ihr Herz ausschüttet, meine Schwester oder mein Vater, das Kind, das auf dem Spielplatz bitterlich weint.
Es sind Menschen, von deren Nöte und deren Situation ich weiß und die ich zu Gott bringen will. In meinem Herzen.
Gott sieht sie und begegnet auch ihnen mit Liebe.
Beten ist ein Liebesdienst. Denn ich darf Gott bitten mir zu zeigen und mir Mut und Kraft zu geben, den Menschen beizustehen. Ich darf Gott fragen: Was brauchen sie? Wie kann ich helfen? Was soll ich tun oder lassen?
Auch mein Dank soll allen Menschen gelten. Auch den schwierigen Nachbarn, dem nörgelnden Vorgesetzten, Menschen mit denen nur schwer auszukommen ist. Danken und Gott bitten, dass er mir Wege zeigt, wie es anders, leichter werden kann mit ihnen auszukommen. Gott bitten, dass die Probleme sich lösen lassen.
Das Bitten ist vielleicht nicht schwer, aber das Danken für diese Menschen. Warum danken?
Vielleicht weil dieses mir unmöglich erscheinende Danken in mein Denken und Tun Bewegung bringt.
Ich setze mich mit dem anderen auseinander. Sehe vielleicht nicht nur, wo diese Person mir auf die Nerven geht, sondern nehme vielleicht auch die Probleme des anderen wahr. Ich werde sensibler.
Während meines Theologiestudiums in Reutlingen habe ich mit mehreren jungen Menschen zusammengewohnt, die einen Flüchtlinsg- oder Migrationshintergrund haben. Es ist unglaublich, was ich in diesen drei Jahren von den Menschen aus Syrien, Eritrea, Nigeria, Russland und auch aus der Ukraine lernen durfte. Über ihre Herkunft, vor allem aber über ihr Ankommen in Süddeutschland, und über die Schwierigkeiten, die es für sie gibt.
Mit einigen war es schwer auszukommen und trotzdem bin ich dankbar, denn ich sehe Hürden und begreife Dinge, die mir vorher überhaupt nicht aufgefallen waren. Das ist eine Herausforderung. Aber es bringt mein Denken in Bewegung. Und es bereichert mich, denn es schenkt mir ein Weitblick für Themen, die ich vor meinen Gott bringen kann.
Gebet, Bitten und Danken für alle Menschen. Das bricht die Gruppeninteressen auf. Das verhindert, dass ich beim Beten nur mich selber sehe, meine Sorgen, meine Ängste, meine Wünsche und Hoffnungen. Beten für alle Menschen.
Gleichzeitig brauche ich mich nicht hinter diesen großen Themen und den Nöten anderer verstecken. Ich darf mit meinen persönlichen Sorgen und Ängsten vor Gott kommen. Jesus spricht: Kommt zu mir, die ihr euch abmüht unter euren Lasten. Ich will euch erquicken (Mat. 11,28). Jesus Christus ist Gottes Sohn, über den Christen zu Gott sprechen können wie zu einem Vater, einer Mutter. Offen und ehrlich.
Wenn das Gespräch zu den Eltern abreißt, dann wird die Beziehung schwierig. Wer aber im Gespräch bleibt, der bleibt in der Beziehung. Und so ist es auch mit Gott. Meine Beziehung zu Gott wächst im Gebet. Ich gewinne mehr und mehr Vertrauen zu Gott und in sein Handeln.
So ist das Gebet auch ein Fenster zum Himmel.
Es schafft Raum für Gottes Worte und seine Gegenwart.
Im Beten kann ich Gott zu mir sprechen hören. Das kann meinen Glauben stärken. Glaube kann keiner erzeugen, aber im Gebet kann Glaube wachsen.
Betet! Fordert uns der heutige Sonntag auf. Und es lohnt sich.
Es lohnt sich dieses „Fenster zum Himmel und zu der Welt“ zu öffnen.
Nicht nur heute am Sonntag. Gerade auch an allen anderen Tagen. Amen
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